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18. April 2024

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Bioprinting oder lebende Zellen im 3D-Drucker

Bioprinting oder lebende Zellen im 3D-Drucker© Bilderbox.com

Die TU-Wien entwickelt neues Verfahren zur Integration lebender Zellen in feine Strukturen aus dem 3D-Drucker. Die neue hochauflösende 3D-Drucktechnologie und die dafür nötigen Materialien werden nun vom TU-Spin-Off UPNano unternehmerisch verwertet.

(red/mich) Wie sich Zellen verhalten und wie neues Gewebe entsteht, lässt sich besonders gut steuern und untersuchen, wenn die Zellen in ein feines Gerüst eingebettet werden. Möglich wird das mittels „Bioprinting“, ein spezielles additives 3D-Druckverfahren. Manche Verfahren sind jedoch unpräzise oder erlauben nur ein enges Zeitfenster zur Verarbeitung der Zellen, ohne dass sie Schaden nehmen. Die verwendeten Materialien müssen zudem während und auch nach dem 3D-Biopriting Prozess zellfreundlich sein und das schränkt wiederum die Auswahl möglicher Materialien empfindlich ein.

Mechanische und chemische Eigenschaften entscheidend
An der TU Wien wurde nun ein hochauflösender Bioprinting-Prozess mit völlig neuen Materialien entwickelt. Basis ist eine spezielle „Bio-Tinte“ für den 3D-Drucker und damit lassen sich Zellen nun direkt während des Herstellungsvorgangs in eine mikrometergenau gedruckte 3D-Matrix einbetten. Der Prozess passiert zudem mit einer Druckgeschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde und damit Angaben zufolge um Größenordnungen schneller als bisher.

„Wie sich eine Zelle verhält, hängt ganz entscheidend von den mechanischen und chemischen Eigenschaften sowie von der Geometrie ihrer Umgebung ab“, erklärt Aleksandr Ovsianikov, Leiter der Forschungsgruppe 3D Printing and Biofabrication am Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien. „Die Strukturen, in denen die Zellen eingebettet sind, müssen für Nährstoffe durchlässig sein, damit die Zellen überleben und sich vermehren können. Ganz wichtig ist aber auch, ob die Strukturen steif oder biegsam sind, ob sie stabil sind oder im Lauf der Zeit abgebaut werden“, so Ovsianikov.

Hohe Auflösung versus Vergänglichkeit
„Es fehlte bisher einfach an den passenden chemischen Substanzen“, erläutert Ovsianikov weiter. „Man braucht Flüssigkeiten oder Gele, die punktgenau erstarren, wo man sie mit einem fokussierten Laserstrahl beleuchtet. Diese Materialien dürfen für die Zellen allerdings nicht schädlich sein, und das Ganze muss außerdem noch extrem schnell ablaufen“, betont der TU-Forscher.

Um eine extrem hohe Auflösung zu erreichen, verwendet man an der TU Wien bereits seit Jahren die Methode der Zwei-Photonen-Polymerisation. Wegen der hohen Auflösung hat die Methode allerdings normalerweise den Nachteil, sehr langsam zu sein. An der TU Wien schafft man mit zellfreundlichen Materialien einen Meter pro Sekunde und das ist ein entscheidender Fortschritt. Denn nur, wenn der ganze Prozess in wenigen Stunden abgeschlossen ist, können sich die Zellen tatsächlich weiterentwickeln.

Verwertung durch TU-Spin-Off UPNano
„Mit solchen 3D-Modellen kann man das Verhalten von Zellen mit einer bisher unerreichbaren Genauigkeit untersuchen. Man kann herausfinden, wie sich Krankheiten ausbreiten und mit der Verwendung von Stammzellen könnte sogar maßgeschneidertes Gewebe hergestellt werden“, unterstreicht Ovsianikov.
Das Forschungsprojekt ist eine internationale und interdisziplinäre Kooperation von drei Instituten der TU-Wien.

Ovsianikovs Forschungsgruppe war dabei für die Drucktechnik zuständig, das Institut für Angewandte Synthesechemie entwickelte die schnell reagierenden und zellfreundlichen Fotoinitiatoren und am Institut für Leichtbau und Struktur-Biomechanik wurden die mechanischen Eigenschaften der gedruckten Strukturen analysiert. Die hochauflösende 3D-Drucktechnologie und die dafür nötigen Materialien werden nun von der Firma UPNano kommerzialisiert, einem jungen Spin-Off-der TU Wien.

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red/mich, Economy Ausgabe Webartikel, 28.10.2019