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28. März 2024

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Digitale Medien belasten Jugendliche

Digitale Medien belasten Jugendliche© OeIAT

Gruppendynamische Sogwirkung bei Nutzung von Smartphones, Online-Medien und digitalen Spielen stresst immer mehr Jugendliche, so eine aktuelle Studie von Saferinternet anlässlich des diesjährigen Safer Internet Day.

Die aktuelle Untersuchung zeigt, wie Österreichs Jugend mit der Sogwirkung digitaler Medien, ständiger Erreichbarkeit und Ablenkung durch Smartphone & Co. umgeht und mittlerweile 35 Prozent der Jugendlichen einen digitalen Zeitstress wahrnehmen.
Als Ansprechpersonen sind hier primär die Eltern stark gefordert. Familienregeln für den Alltag mit Smartphone & Co. können helfen, den Druck zu reduzieren und auch unter den Jugendlichen selbst gibt es erste Vorreiter, die praktische Tipps für einen maßvollen Online-Konsum im Alltag geben.
Im Rahmen der Initiative Saferinternet beauftragten das Österreichische Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und die Internet Service Providers Austria (ISPA) das Institut für Jugendkulturforschung mit einer Studie zum Thema „Jugendliche im digitalen Zeitstress“. Bei einer repräsentativen Online-Umfrage wurden 400 Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren befragt. Ergänzt wurde die Studie durch Fokusgruppen und Praxiserfahrungen aus den österreichweiten Saferinternet-Workshops. 

Übertriebene Handynutzung nervt 
Mehr als ein Drittel der Befragten (35 %) gibt an, dass ihnen das Handy und andere digitale Geräte manchmal zu viel werden. Das trifft auf 15- bis 17-Jährige (44 %) häufiger zu als auf 11- bis 14-Jährige (27 %). Unterschiede gibt es auch zwischen Mädchen (40 %) und Burschen (32 %).  
59 Prozent sind genervt, dass ihre Freunde zu viel auf ihr Handy schauen, wenn sie gemeinsam unterwegs sind. Fast genauso viele (55 %) nervt es sogar, dass sie selbst zu viel auf das Smartphone schauen. Jugendliche sind auch kritisch gegenüber ihren Eltern: Rund jeden dritten Befragten (34 %) stört, dass diese zu viel Zeit mit dem Handy verbringen. 

Sofortige Reaktion als Stress
60 Prozent der Jugendlichen gehen davon aus, dass sie auf Nachrichten in WhatsApp, Snapchat & Co sofort oder zumindest innerhalb weniger Minuten eine Antwort erhalten. Gleichzeitig zählt diese Erwartungshaltung auch für sie selbst zu den größten Stressfaktoren.
Gruppen in Sozialen Netzwerken, in denen manchmal Hunderte Nachrichten täglich ausgetauscht werden, verstärken diesen Stress. Gerade für die Jüngeren ist es oft nicht einfach, sich dem Gruppendruck zu entziehen. Sie fürchten soziale Nachteile und Ausgrenzung.

Das Handy beim Bett
Die Studie zeigt, dass zwei Drittel (66 %) spätestens fünf Minuten nach dem Aufwachen das erste Mal auf ihr Handy schauen. Nur 4 Prozent lassen sich mehr als eine Stunde damit Zeit. Bei 81 Prozent der Jugendlichen liegt zudem das Handy in der Nacht im eigenen Zimmer - bei 30 Prozent eingeschaltet. 
„Im digitalen Zeitalter sind Kinder und Jugendliche gefordert, mit den Verlockungen, der ständigen Erreichbarkeit und der Ablenkung durch digitale Geräte umzugehen. Dabei brauchen sie Unterstützung – gerade von den Eltern“, so Bernhard Jungwirth, von Saferinternet.

Eltern gefordert
In 62 Prozent der Familien der befragten Jugendlichen gibt oder gab es bereits Regeln zur Nutzung digitaler Geräte. Die häufigsten sind Handyverbot beim gemeinsamen Essen, kein Handy beim Erledigen der Hausaufgaben und Zeitlimits. Gleichzeitig soll fast die Hälfte der Befragten ständig für die Familie erreichbar sein.
46 Prozent derer, die aktuell Erfahrungen mit Regeln haben, geben auch an, sich „immer“ oder „fast immer“ daran zu halten und weitere 43 Prozent „eher schon“. Auch wenn die eine oder andere Selbsteinschätzung der Jugendlichen hinterfragt werden muss, lautet die ermutigende Botschaft an Eltern: Regeln ausmachen macht Sinn!
Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet betont: „Für die Akzeptanz von Regeln bei den Kindern ist es entscheidend, dass es auch Regeln für die Eltern gibt. Und dass Eltern genauso bereit sind, Konsequenzen zu tragen und sich nicht in Ausreden flüchten. Von diesem Verhalten der Eltern lernen Kinder enorm viel.“

Erste Vorreiter gegen digitalen Zeitstress
Vor allem unter den älteren Jugendlichen gibt es mittlerweile erste Vorreiter gegen den digitalen Zeitstress. So geben 28 Prozent der Befragten an, schon einmal eine „digitale Diät“ gemacht, also eine Zeit lang bewusst auf Handy und Computer verzichtet zu haben. „Ich will mich nicht mehr unter Druck fühlen, ständig sofort reagieren zu müssen“, so eine Fokusgruppen-Teilnehmerin (Schülerin, 16 Jahre). 
Zu den praktischen Tipps der Jugendlichen gegen Online-Stress zählen etwa Benachrichtigungen zu deaktivieren, immer wieder den Flugmodus einzuschalten, häufig genutzte Apps vom Startbildschirm zu verbannen und nach hinten zu verschieben und sich in bestimmten Alltagssituationen (z. B. beim Warten auf den Bus) vorzunehmen, das Handy in der Tasche zu lassen oder etwa einfach nur Musik zu hören. 
„Wir sehen, dass immer mehr Apps und sogar die Hersteller von Betriebssystemen auf dieses konkrete Bedürfnis der Anwender eingehen und mittlerweile Hilfestellungen für einen maßvollen Einsatz digitaler Geräte anbieten. So ermöglichen bestimmte Apps etwa eine Stummschaltung in der Nacht oder die Anzeige der gesamten Zeit, die pro Tag in der jeweiligen App verbracht wurde“, erläutert Maximilian Schubert, Generalsekretär ISPA. 

Saferinternet unterstützt mit zahlreichen Angeboten
Der Umgang mit digitalem Zeitstress will gelernt sein. Deshalb unterstützt Saferinternet Eltern, Schulen und Jugendliche mit Tipps und Empfehlungen für den Familienalltag, Workshops, Unterrichtsmaterialien und zahlreichen weiteren Informationsangeboten. Alle Angebote sowie Download- und Bestellmöglichkeiten finden sich auf der Website von Saferinternet (siehe Link).
Beim aktuellen Safer Internet Day 2019 machten mehr als 160 Schulen mit. In Kooperation mit dem Bildungsministerium wird zudem im gesamten Februar 2019 der Safer Internet-Aktions-Monat durchgeführt. Bisher sind bereits mehr als 160 Schulen dem Aufruf gefolgt und haben unterschiedlichste Projekte rund um die Themen Internetsicherheit und Medienkompetenz gestartet. Darüber hinaus beteiligen sich zahlreiche Initiativen und Einrichtungen mit Workshops, Vorträgen, Beratungen und neuen Informationsangeboten.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 08.02.2019