Unabhängiges Magazin für Wirtschaft und Bildung

29. März 2024

Search form

Search form

Aktueller Handlungsbedarf für Banken und Versicherungen

Aktueller Handlungsbedarf für Banken und Versicherungen© NDGIT-Next Digital Banking

Eine neue Art der Kollaboration zwischen traditionellen Finanzdienstleistern und innovativen FinTechs entscheidet über das Banking der Zukunft. Ein Expertenkommentar von Oliver Dlugosch CEO des Fintech NDGIT-Next Digital Banking.

Die besondere Rolle von Open Banking im Kontext mit den neuen EU-Regularien PSD2 sowie die Digitalisierung betrieblicher Prozesse und Kundenbeziehungen sind die zentralen Themen in der aktuellen Transformation von Banken und Versicherungen. Klar ist, dass die neuen PSD2-Richtlinien eine Zäsur im Banken- und Finanzsektor bedeutet. Aktuell seit 14. März müssen Banken und Zahlungsdienstleister eine Testumgebung (Anm. Sandbox) und die dazugehörige technische Dokumentation der Schnittstelle (API) für Kontoinformationsdienste und sogenannte Zahlungsauslösedienste zur Verfügung stellen.

Reduzierte Gebühren und Kosten plus verbesserter Kundenservice
Die Schnittstelle und damit der Zugang zum Konto für Dritte erlaubt dabei eine neue Zusammenarbeit und Innovationstransfer zwischen traditionellen Finanzdienstleistern und spezialisierten Dienstleistern wie FinTechs. Ziel der PSD2 ist es, durch Open Banking den Wettbewerb für alle Teilnehmer zu gleichen Bedingungen zu ermöglichen und damit den Raum für technische Neuerungen zu schaffen.
Weitere Ziele sind reduzierte Gebühren und Kosten, verbesserter Kundenservice, höhere Kontrolle der Daten und die verstärkte Teilhabe von bestehenden wie neuen Kunden am digitalen Banking. Die Regulierung erwartet dabei immer höchste Sicherheit (wie durch die vorgeschriebene starke Kundenauthentifizierung) sowie den Einklang mit der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO/GDPR).

Das traditionelle Banking verschwindet
Mit diesen regulatorischen Änderungen wird das Banking, wie wir es kennen, verschwinden. Neben der Regulierung, der stattfindenden Digitalisierungswelle und dem belastenden Niedrigzinsumfeld kommen auch die veränderten Erwartungen der digitalen Generation an Bankgeschäfte hinzu. Damit brechen für Banken alte Wertschöpfungsketten auf, neue Netzwerke entstehen und digitale Innovationen werden das Banking revolutionieren.
Das führt dazu, dass Banken innovationsgetrieben agieren müssen, neue Allianzen schließen werden sowie smarte Technologien einführen und vieles mehr. Die Frage, die sich gerade Banken stellen müssen lautet deshalb: „Welche Rolle nehmen wir in dieser veränderten Zukunft ein“? Die wichtigste Lektion: Kunden kaufen Bankprodukte nicht mehr automatisch bei ihrer Hausbank, sondern dort, wo sie die besten, günstigsten und smartesten Produkte und - ganz entscheidend – im richtigen persönlichen Kontext bekommen.

Neuer Gestaltungsspielraum
Disruption hat schon viele Branchen betroffen, beispielsweise den Handel, Fluglinien, Verlage und die Musikindustrie. Speziell für das Banking bedeutet Disruption – neben der technischen Entwicklung – vor allem die Entkoppelung des Produktanbieters von seinen Kunden. Digitales Banking findet dort statt, wo es der Kunde gerade benötigt: Das maßgeschneiderte Leasing-Angebot im Online-Gebrauchtwagenportal, der Sofort-Kredit beim Kauf von Elektronik direkt am Point of Sale und vieles mehr.
Banken, die dieses Open Banking als zentralen Schlüsselfaktor im digitalen Bankwesen erkennen, wollen die Disruption nicht nur überleben, sondern gestalten. Sie sehen Open Banking als Bereicherung für ihre Kunden und ermöglichen mit ihren über APIs bereitgestellten Daten neue Analysemöglichkeiten und Angebote von digitalen Partner-Unternehmen.

Innovationstempo für echten Mehrwert im Sinne der Kunden
Mit einem innovativen Angebotsportfolio lassen sich viele neue Kunden gewinnen und damit der Marktanteil erhöhen, so das Kalkül von Instituten, die planen PSD2 und Open Banking offensiv umzusetzen. Klar ist: Banken müssen sich bewegen und vorangehen, denn sie stehen zusätzlich im Wettbewerb mit globalen Riesen wie Google, Apple, Facebook und Amazon.
Dazu kommen die neuen FinTechs und Vergleichsplattformen und diverse Marktplätze und andere branchenübergreifende Business-Portale, etwa von großen Lebensmittelhändlern ausgehend. In Summe entstehen eine Fülle von neuen, kundenzentrierten Angeboten mit attraktiven und nutzerfreundlichen Zugängen und dazu gehören Personal Finance Management-Tools, Online-Kredite in Minutenschnelle, maßgeschneiderte Versicherungsangebote oder eine aggregierte Depot- und Vermögensverwaltung.

Geschwindigkeit, Innovation und Benutzerfreundlichkeit entscheiden
Kunden erwarten diese Angebote – in Kombination mit einer raschen Weiterentwicklung und immer gezielterer persönlicher bzw. personalisierter Orientierung (Anm. Convenience). Das bedeutet etwa auch, Banken müssen künftig pro Jahr in der Lage sein mit offenen IT-Architekturen und modernen API-Plattformen zahlreiche neue Services und Produkte von Partnern zu launchen.
Geschwindigkeit, Innovation und Benutzerfreundlichkeit sind die Erfolgsfaktoren für die künftige Kundenbindung. Die Innovationskraft und die Geschwindigkeit mit der FinTechs den Markt verändern, hat entsprechend große Auswirkungen auf die etablierten Unternehmen. Sie müssen sich den Herausforderungen eines dynamischen Marktes stellen. Banken und Versicherungen werden dann nicht mehr das sein, was wir heute darunter verstehen.

Der Autor Oliver Dlugosch ist CEO & Founder des internationalen Fintech NDGIT-Next Digital Banking mit Stammsitz in München (D) und zahlreichen weiteren Standorten, darunter auch London oder Zürich.

Links

Oliver Dlugosch, Economy Ausgabe Webartikel, 01.04.2019