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28. März 2024

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Konjunktur und Niedrigzinspolitik stärken Betriebe

Konjunktur und Niedrigzinspolitik stärken Betriebe © Bilderbox.com

Kein Anstieg bei Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr, wo 2.587 Unternehmen mit Verbindlichkeiten von 895 Mio. Euro insolvent wurden. 8.300 Dienstnehmer waren betroffenen, so die aktuellen Zahlen des Kreditschutzverbandes.

(red/czaak) Die Halbjahreszahlen für die Unternehmensinsolvenzen zeichnen ein Bild des Stillstandes (Anm. mit + 0,1 Prozent) gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres, wo 2.584 Firmen insolvent wurden. Dass die eröffneten Verfahren minimal auf Kosten der nicht eröffneten Verfahren zugenommen haben, kann als weiterer kleiner Erfolg verbucht werden.

Jede Eröffnung bedeutet für den Unternehmer eine Chance auf Sanierung, und für die Gläubiger die Chance auf Quotenzahlungen in einem geordneten Umfeld. Volkswirtschaftlich sind Eröffnungen eine Art Hygienefaktor: Schlecht wirtschaftende Betriebe werden geschlossen und verlassen den Markt, eventuell anfechtbare Handlungen werden recherchiert und korrigiert, so die Einschätzung der KSV-Experten.

Mit 895 Mio. Euro liegen die Passiva praktisch gleichauf mit jenen im ersten Halbjahr 2018. Die ersten sechs Monate 2018 wiesen eine Steigerung von 36 Prozent gegenüber 2017 auf. Gab es im ersten Halbjahr 2018 nur acht Insolvenzen mit Passiva ab 10 Mio. Euro, so liegt dieser Wert 2019 schon beim Doppelten des Vergleichszeitraums 2018 (Anm. 16 Großverfahren). Die betroffenen Dienstnehmer sind naturgemäß auch eine volkswirtschaftlich relevante Dimension. Eine Mittelfristanalyse zeigt, dass die Zahlen 2019 unter dem Durchschnitt liegen. Ein klarer Trend ist hier nicht erkennbar.

Bundesländer im Vergleich
Im Bundesländervergleich zeigen sich große Unterschiede. Einem Minus bei den Gesamtfällen von etwa 15 Prozent in der Steiermark steht ein Plus von fast 29 Prozent im Burgenland und von fast 27 in Tirol gegenüber. Dieses Bild wird bei den tatsächlich eröffneten Verfahren etwas relativiert. Immer unter der Annahme, dass dies die größeren und wichtigeren Fälle sind – also solche, bei denen auch tatsächlich Dienstnehmer betroffen sind.

Während Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Salzburg nur geringe Veränderungen aufweisen, spielt sich die Divergenz vor allem zwischen der Steiermark (minus) und Kärnten/Vorarlberg/Tirol (plus) ab. Ein besonderer Trend scheint derzeit noch nicht erkennbar, da es sich um Halbjahreszahlen handelt. Das Burgenland ist zweifellos ein Ausreißer mit einem Plus an eröffneten Verfahren von 34 Prozent. Im Gesamtjahr 2018 verzeichnete das Burgenland allerdings einen Rückgang der Eröffnungen von 13 Prozent. Der Zuwachs kann daher auch als Rückkehr auf das Niveau der Vergangenheit gedeutet werden.

Branchenanalyse
Die Zahl der Fälle nach Branchen bietet auch 2019 keine Überraschungen. Die zahlenmäßig größten Branchen finden sich auf den drei „Stockerlplätzen“. Diese Position bedeutet jedoch nicht, dass diese Branchen besonders insolvenzgeneigt seien. Während die Bauwirtschaft tatsächlich auch gemessen an der Zahl der Unternehmen im Spitzenfeld der Insolvenzhäufigkeit liegt, trifft dies weder auf die unternehmensbezogenen Dienstleistungen noch auf die Gastwirtschaft zu. Letztere liegt traditionell im unteren Drittel und die Dienstleistungen etwa im Mittelbereich der Insolvenzanfälligkeit.

Anders sieht es bei der Höhe der Passiva aus, wo schon ein oder zwei Großfälle das „Ruder herumreißen“ können. Doch auch hier sind schon aufgrund der Anzahl der Fälle die Bauwirtschaft (Platz 3 im Ranking) und die unternehmensbezogenen Dienstleistungen (Platz 2) zwei „Fixstarter“. Auch deshalb, weil Holding-Gesellschaften typischerweise diesem Dienstleistungscluster zugerechnet werden. Auf Platz 1 rangiert im ersten Halbjahr 2019 die Branche „Maschinen und Metall“. Darin finden sich typischerweise industrielle Unternehmen, die in ihrem Geschäftsmodell nicht selten exportorientiert sind.

Rechtliche Rahmenbedingungen und Ausblick
Seit geraumer Zeit wird über die anstehende Richtlinie der EU zum vorinsolvenzlichen Sanierungsrahmen berichtet. Diese Richtlinie wurde am 6.6.2019 endgültig verabschiedet und wird demnächst im Amtsblatt der EU erscheinen. Von diesem Datum errechnet sich dann ein 2-jähriger Umsetzungszeitraum für die Mitgliedsländer. Im österreichischen Justizministerium tagt schon seit längerem eine Reformkommission mit dem Ziel, diese Richtlinie bis Herbst 2020 als Ministerialentwurf zur Aussendung zu bringen. Die genaue Art der Umsetzung steht gegenwärtig allerdings noch nicht fest.

Die Insolvenzzahlen stagnieren derzeit (wie auch in den letzten Jahren) auf niedrigem Niveau. Die Wirtschaft verliert aktuell etwas an Schwung, sodass im zweiten Halbjahr mit keinem markanten Rückgang zu rechnen ist. Insgesamt werden die Insolvenzen des Jahres 2019 daher nicht unter 2018 zu liegen kommen – eher geringfügig darüber, was schon durch die doch markant gestiegenen Großfälle indiziert ist, so die finalen Erkenntnisse des KSV.

Links

red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 28.06.2019